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Nach außerordentlicher fristloser Kündigung: Zeigt die Stadt Güte beim Arbeitsgericht?

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Die langjährige Büchereileiterin Christiane Flick-Schöttler kämpft um ihre Wiedereinstellung.
Die langjährige Büchereileiterin Christiane Flick-Schöttler kämpft um ihre Wiedereinstellung. © ST-Archiv

Nach der außerordentlichen fristlosen Kündigung von Büchereileiterin Christiane Flick-Schöttler kam es vor dem Arbeitsgericht in Lüdenscheid zum mit Spannung erwarteten Gütetermin.

Plettenberg – Knapp vier Wochen nach der außerordentlichen fristlosen Kündigung von Büchereileiterin Christiane Flick-Schöttler fand am Freitag vor dem Arbeitsgericht Lüdenscheid ein sogenannter Gütetermin statt. Grundsätzlich besteht dabei die Möglichkeit, vor dem eigentlichen Prozess eine gütliche Einigung zu erzielen.

Nach Informationen der Redaktion wünschte sich die Plettenbergerin, die nach 36 Jahren als Leiterin der Stadtbücherei ihren Hut nehmen musste, ihre Wiedereinstellung und die Aufhebung der Kündigung.

Ein solches Vorgehen hatten sich nach der ersten Berichterstattung an dieser Stelle auch andere Bürger sowie Autor Martin Becker gewünscht.

Spekulationen über Hintergründe

Auch Kabarettistin Hettwich von Himmelsberg spekulierte beim ersten von zwei Auftritten im Ratssaal über die Hintergründe, die mindestens beim Leeren der Stadtkasse oder einer Messerattacke liegen müssten, um diese Härte zu verdienen.

Beim Gütetermin ließ Bürgermeister Ulrich Schulte die Möglichkeit, die Kündigung zurückziehen, ungenutzt verstreichen und überließ nach Informationen unserer Zeitung stattdessen Rechtsanwalt Dr. Michael Schulte das Wort.

Besagter Fachanwalt für Arbeitsrecht von der Kanzlei Altrogge und Partner führte als Grund für die fristlose Kündigung an, dass Christiane Flick-Schöttler bei einer Präsentation in einem Ausblick in die Zukunft absichtlich „Karteikarten“ veröffentlicht habe, die nicht hätten öffentlich gemacht werden dürfen. Besagtes Verhalten wäre im Vorfeld nicht genehmigt gewesen. Zudem wurde betont, dass eine langfristige Zusammenarbeit von Stadtbücherei und Kultour GmbH geplant sei.

Am Dukatenweg in Lüdenscheid fand ein erster Gütetermin vor dem Arbeitsgericht statt, bei dem es um die Kündigung der Büchereileiterin ging.
Am Dukatenweg in Lüdenscheid fand ein erster Gütetermin vor dem Arbeitsgericht statt, bei dem es um die Kündigung der Büchereileiterin ging. © Dickopf

Personalrat war dagegen

Wie Bürgermeister Ulrich Schulte auf Anfrage bestätigte, kam bei dem Gütetermin auch die Stellungnahme des Personalrates zur Sprache. Der hatte sich gegen eine fristlose Kündigung ausgesprochen und eine Abmahnung für ausreichend erachtet.

Doch Bürgermeister Ulrich Schulte setzte sich über diese Empfehlung hinweg und ließ auch bei der Sitzung am Freitag keine „Güte“ erkennen oder über den Anwalt ausrichten. Stattdessen hielt die Stadt an der Kündigung fest, wie Ulrich Schulte am Montag auch auf Nachfrage noch einmal bestätigte.

Öffentlicher Kammertermin

Somit hat nun das Arbeitsgericht beim öffentlichen Kammertermin im Juli zu entscheiden, wer in der Causa Flick-Schöttler Recht hat.

Geht die Stadt als Sieger hervor, dürfte im Rathaus die Sorge steigen, bei unbedachten Äußerungen ohne Vorwarnung den Job zu verlieren.

Kommentar: Es kann nur Verlierer geben

„Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“, heißt es. Doch bei dem im Juli bevorstehenden öffentlichen Kammertermin vor dem Arbeitsgericht Lüdenscheid muss man kein Rechtsexperte sein, um zu erkennen, dass die fristlose Kündigung auf eher wackeligen Füßen steht.

Zur Erinnerung: Die seit 36 Jahren als Büchereileiterin tätige Christiane Flick-Schöttler hatte es sich herausgenommen, sachliche Kritik an der räumlichen Zusammenlegung von Bücherei und Kultour GmbH zu äußern, weil das Team dort viele Veranstaltungen durchführe, für die zukünftig teilweise der Platz fehle.

Nur am ersten Kabarettabend äußerte sich Hettwich von Himmelsberg konkret zum Bücherei-Thema.
Nur am ersten Kabarettabend äußerte sich Hettwich von Himmelsberg konkret zum Bücherei-Thema. © Vieregge

Nun hat fast jeder in seinem Arbeitsleben schon einmal einen Fehler gemacht oder etwas Unachtsames geäußert. Dafür aber ohne Abmahnung oder sonstige Schritte gleich vor die Tür gesetzt zu werden, erscheint doch sehr ungewöhnlich.

Dass auch der Personalrat überstimmt wurde, passte dabei ebenso in das Bild wie die beiden unterschiedlichen Auftritte der Kabarettistin Hettwich von Himmelsberg. Der war selbst in Attendorn zu Ohren gekommen, was in Plettenberg abgeht. Doch seltsamerweise verkniff sich die am ersten Abend so spitzzüngige Kabarettistin am zweiten Auftrittstag eine ähnliche Äußerung und sagte stattdessen: „Hier schlagen die Wellen so hoch, dass ich schon gucken muss, dass ich nichts Falsches sage.“ Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...

Dass hinter vorgehaltener Hand mittlerweile von einem „Klima der Angst“ im Plettenberger Rathaus die Rede ist, tut der Stadt nicht gut in diesen ohnehin schwierigen Zeiten.

Aus Grundgesetz zitiert

Dabei gab es erst vor gut zwei Monaten den letzten großen Lichtblick, als Gudula Mueller-Töwe und Dörte Kaul-Hentschel zu einer Demonstration für Demokratie aufriefen, zu der auch Ulrich Schulte erschien, sich erfreut zeigte über die große Resonanz und aus dem Grundgesetz zitierte.

Stichwort Demokratie: Das Wort stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Volksherrschaft“. In einer solchen Demokratie ist das Volk der staatliche Souverän. Doch das Gefühl, dass die Stimme des Volkes zählt und beachtet wird, haben viele Plettenberger gerade nicht mehr. Sei es bei der Diskussion um die Maiplatz-Gestaltung, beim Solarpark in Pasel oder jetzt bei der Personalie Flick-Schöttler.

Über das Ziel hinausgeschossen

Zumindest beim letzten Punkt hätte der Bürgermeister erkennen können, dass er über das Ziel hinausgeschossen ist und schlechte Berater hatte. Es hätte echte Größe bewiesen, die Kündigung beim Gütetermin rückgängig zu machen, zumal die langjährige Büchereileiterin statt der möglichen Abfindung viel lieber wieder in ihrem alten Job arbeiten würde. Doch diese Chance ist jetzt vertan und es wird nur Verlierer gegeben. Die Zeche dafür zahlen womöglich die steuerzahlenden Plettenberger, falls die Stadt zu einer Abfindung und möglicherweise auch zur Zahlung von Rentenansprüchen verdonnert wird. GEORG DICKOPF

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